Spontanvergärung: Wenn wilde Hefen den Wein zum Leben erwecken
Dela den här artikeln
In der modernen Weinherstellung ist Kontrolle ein zentraler Faktor. Winzer verlassen sich oft auf sorgfältig gezüchtete Reinzuchthefen, um den Traubenmost sicher und vorhersehbar in Alkohol umzuwandeln. Doch es gibt eine ältere, riskantere und für viele faszinierendere Methode, die immer mehr an Bedeutung gewinnt: die Spontanvergärung.
Sie ist die "wilde" Seite der Weinherstellung, ein Vertrauensbeweis in die Natur und ein Schlüssel zu Weinen mit unverwechselbarem Charakter. Wir erklären, was dahintersteckt und warum einige unserer besten Winzer auf diese Methode setzen.
Was ist Spontanvergärung?
Einfach ausgedrückt: Bei der Spontanvergärung (auch "wilde Gärung" oder "Sponti" genannt) fügt der Winzer dem Traubenmost keine künstlich gezüchteten Hefen hinzu.
Stattdessen verlässt er sich ausschließlich auf die natürlichen, "wilden" Hefestämme, die bereits:
-
Im Weinberg auf der Schale der Trauben leben.
-
Im Weinkeller in der Luft und auf den Geräten vorhanden sind.
Jeder Weinberg und jeder Weinkeller hat seine eigene, einzigartige Mikroflora. Diese Hefen sind ein fundamentaler Bestandteil des Terroirs – genau wie der Boden und das Klima.
Der Unterschied: Wilde Hefen vs. Zuchthefen
Die meisten Weißweine und Rotweine der Welt werden mit Reinzuchthefen vergoren. Das sind im Labor selektierte Hefestämme, die der Winzer kauft und dem Most beigibt.
-
Vorteil der Zuchthefe: Sie ist berechenbar. Der Winzer weiß, sie startet schnell, gärt zuverlässig durch (auch bei hohem Alkohol) und produziert saubere, oft fruchtbetonte Aromen. Sie ist der sichere Weg.
-
Herausforderung der Spontanvergärung: Sie ist ein Abenteuer. Der Winzer weiß nie genau, welcher Hefestamm die Oberhand gewinnt oder wie lange die Gärung dauern wird. Es ist ein kontrolliertes Risiko.
Warum das Ganze? Die Vorteile der wilden Gärung
Wenn Spontanvergärung so riskant ist, warum entscheiden sich Spitzenwinzer dafür? Die Antwort liegt in der Komplexität.
Bei einer Gärung mit Zuchthefen dominiert meist nur ein Hefestamm den gesamten Prozess. Bei einer Spontanvergärung hingegen tummeln sich Dutzende verschiedener wilder Hefestämme im Most.
-
Aromatische Vielfalt: Verschiedene Hefestämme arbeiten zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Gärung und produzieren dabei unterschiedliche Aromen. Das Ergebnis ist kein "Ein-Ton-Aroma", sondern ein vielschichtiges, komplexes Bouquet, das weit über simple Fruchtnoten hinausgeht.
-
Mehr Terroir: Da die Hefen direkt aus dem Weinberg stammen, sind sie der ultimative Ausdruck ihres Ursprungs. Ein Wein, der spontan vergoren wurde, schmeckt oft "mehr" nach seinem Herkunftsort.
-
Spannende Textur: "Spontis" zeigen oft ein anderes Mundgefühl. Die Gärung verläuft meist langsamer und bei kühleren Temperaturen, was zu einer feineren Textur und einer subtileren Integration der Komponenten führen kann.
Ein Meister der "Spontis": Der Lubentiushof
Diese Methode erfordert nicht nur Mut, sondern vor allem extrem gesundes Lesegut und höchste Sauberkeit im Keller. Es ist eine Königsdisziplin, die zeigt, wie gut ein Winzer seinen Weinberg kennt.
Ein herausragendes Beispiel für die meisterhafte Anwendung dieser Technik ist das Weingut Lubentiushof an der Mosel. Der Lubentiushof ist berühmt für seine außergewöhnlichen Gutsrieslinge, die zu den besten Deutschlands zählen. Ein entscheidender Faktor für ihren einzigartigen Charakter ist die konsequente Spontanvergärung.
Gerade der Lagenriesling „Gondorfer Gäns“ erhält durch diese Methode eine beeindruckende Komplexität und Eleganz, die ihn von vielen anderen Weinen abhebt. Es ist diese "einzigartige Note", die den Weinen des Lubentiushofs ihre Spannung und Tiefe verleiht.
Diese Philosophie des Vertrauens in die Natur und die Suche nach Authentizität teilen auch andere unserer Partner, wie das Weingut K-J Thul mit seinem Fokus auf die Authentizität der Lagen oder das Weingut Markus Meier, das den biologischen Weinbau vorantreibt.
Fazit: Ein Schluck pures Terroir
Spontanvergärung ist mehr als nur eine technische Entscheidung im Keller. Es ist eine Philosophie. Es ist der Wunsch, einen Wein zu schaffen, der nicht nur "gemacht", sondern "gewachsen" ist – mitsamt der Hefen aus seinem eigenen Weinberg.
Diese Weine sind oft nicht laut und fruchtbombastisch, sondern tiefgründig, vielschichtig und manchmal in der Jugend etwas ungestüm. Sie brauchen oft etwas Luft und Zeit im Glas, belohnen den geduldigen Genießer aber mit einem unvergleichlichen Trinkerlebnis.
Entdecke die faszinierende Welt der Weißweine und Rotweine, die ihre Herkunft so authentisch widerspiegeln.