Mineralität im Wein: Wenn der Boden im Glas schmeckbar wird

Mineralität im Wein: Wenn der Boden im Glas schmeckbar wird

Es ist eines der faszinierendsten und am meisten diskutierten Worte in der Weinwelt: "mineralisch". Du liest es in Weinbeschreibungen, hörst es von Sommeliers und fragst dich vielleicht: Was genau soll das bedeuten? Kann Wein wirklich nach Stein schmecken?

Die kurze Antwort lautet: Ja, das kann er. Und es ist oft ein Zeichen für einen Wein von außergewöhnlicher Qualität und Herkunft. Mineralität ist das flüssige Echo des Bodens, auf dem die Reben wuchsen.

Wir tauchen ein in die Welt der "Weindiamanten" und erklären, was Mineralität ist, woher sie kommt und in welchen unserer Weine du sie am deutlichsten schmecken kannst.

 

Was ist Mineralität? Ein Aroma und ein Gefühl

 

Mineralität ist kein einfacher Fruchtgeschmack wie Apfel oder Kirsche. Es ist eine komplexere Sinneswahrnehmung, die oft sowohl im Geruch als auch im Mundgefühl (Textur) stattfindet.

Wenn ein Wein als "mineralisch" beschrieben wird, kann das bedeuten, er erinnert an:

  • Nassen Stein: Wie der Geruch von Kieselsteinen nach einem Sommerregen.

  • Schiefer: Ein "graphitartiger", kühler, fast rauchiger Ton.

  • Kreide: Oft ein trockenes, "staubiges" Gefühl am Gaumen.

  • Feuerstein: Der Geruch, der entsteht, wenn man zwei Steine gegeneinanderschlägt (franz. "Pierre à fusil").

  • Salzigkeit (Salinität): Ein leicht salziger Geschmack auf der Zunge, der den Speichelfluss anregt.

  • Austernschale: Eine kalkige, maritim anmutende Note.

Mineralität ist das Gegenteil von opulenter Frucht. Es ist eine kühle, herbe, oft strenge und unglaublich elegante Note, die einem Wein Spannung und Langlebigkeit verleiht.

 

Der Mythos: Schmeckt man wirklich den Stein?

 

Lange dachte man, die Rebe sauge Mineralien wie Kalzium oder Magnesium aus dem Boden und transportiere sie 1:1 in die Traube, wo wir sie dann schmecken.

Die Wissenschaft ist sich heute einig: Das ist zu einfach gedacht. Die Mineralstoffe im Boden sind zwar essenziell für die Gesundheit der Rebe, aber sie selbst sind in den geringen Konzentrationen geschmacksneutral.

 

Woher kommt Mineralität wirklich? Ein Terroir-Puzzle

 

Mineralität ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels – die wahre Essenz des Terroirs.

  1. Der Boden (Der Hauptdarsteller): Der Boden ist der Schlüssel. Er beeinflusst den Wasserhaushalt der Rebe und welche Nährstoffe sie aufnimmt. Dies wiederum beeinflusst die Zusammensetzung der Säuren und Aromavorstufen in der Beere.

    • Schiefer: Die kargen, dunklen Steilhänge der Mosel sind weltberühmt für ihre Schieferböden. Dieser Boden speichert Wärme und zwingt die Rebe, tief zu wurzeln. Das Ergebnis ist die berühmte "Schiefer-Mineralität" – kühl, rauchig, präzise. Sie ist das Markenzeichen der Rieslinge von Spitzenwinzern wie dem Weingut K-J Thul (z.B. in der Lage "Thörnicher Ritsch") oder dem Weingut Lubentiushof.

    • Kalk & Muschelkalk: Böden wie in Franken (Heimat von Dr. Heigel und Markus Meier) bringen oft eine andere Art von Mineralität hervor. Besonders reinsortige Silvaner, wie der 2016 Mainstockheimer Hofstück Silvaner Spätlese, zeigen oft eine "kalkige" Textur und würzige Noten.

  2. Der Winzer (Der Regisseur): Der Winzer kann diese mineralischen Noten im Keller herausarbeiten.

    • Reduktiver Ausbau: Wenn ein Wein unter Ausschluss von Sauerstoff (z.B. im Edelstahltank) ausgebaut wird, bleiben bestimmte Schwefelverbindungen (Thiole) erhalten. Diese riechen oft nach "Feuerstein" oder "Zündplättchen" und werden als mineralisch wahrgenommen.

    • Spontanvergärung: Der Verzicht auf Zuchthefen und die Gärung mit den weinbergseigenen, "wilden" Hefen (eine Spezialität des Lubentiushof) kann ebenfalls komplexe, nicht-fruchtige Aromen erzeugen, die zum mineralischen Gesamtbild beitragen.

    • Säure: Ein kühles Klima (wie an der Mosel oder Nahe) sorgt für eine hohe, reife Säure. Diese "rassige" Säure wird oft als Träger der Mineralität empfunden.

 

Fazit: Die Stimme des Bodens

 

Mineralität ist kein simpler Geschmack, sondern ein komplexes Zeugnis der Herkunft. Es ist ein Qualitätsmerkmal, das von kargen Böden, alten Reben, kühlem Klima und präziser Kellerarbeit kündet. Es ist der Unterschied zwischen einem einfachen Fruchtsaft und einem großen, lagerfähigen Wein.

Wenn du das nächste Mal einen Riesling von den Schieferhängen der Mosel oder einen Silvaner aus Franken im Glas hast, schließe die Augen und suche danach: dem kühlen Hauch von nassem Stein, der salzigen Spannung auf der Zunge. Das ist die Stimme des Bodens.

Entdecke die faszinierende Welt der mineralischen Weißweine!

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